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Wann es sich lohnt, einen „Familienunternehmer-Berater“ zu engagieren

alexander • Apr. 07, 2019

Jedes Familienunternehmen und jede Unternehmerfamilie sind einzigartig. Vor dem Hintergrund langjähriger Erfahrung kann es bei zwölf typischen Anlässen sinnvoll sein, einen Unternehmerberater oder Family Governance-Berater zu engagieren.

Jedes Familienunternehmen und jede Unternehmerfamilie sind einzigartig. Ihre Herausforderungen sind oftmals ähnlich, abhängig von der Größe der Familie und des Unternehmens, der Generationenfolge, der Involvierung der Familie in der Unternehmensführung, der aktuellen Position des Unternehmens im Lebenszyklus und der Struktur des Gesamtvermögens. In den meisten Fällen finden Unternehmer auf ihre Herausforderungen selbst eine Lösung. Manchmal geht es aber schneller, einfacher und das Ergebnis ist besser, wenn ein Berater engagiert wird, der die Unternehmerfamilie bei der Lösungsfindung unterstützt und bei der Umsetzung von A bis Z mit Rat und Tat zur Seite steht.

Das Ziel einer guten entscheidungsbasierten Unternehmerberatung ist, zwischen den Familienmitgliedern ein besseres Verständnis zu ermöglichen und die Familienmitglieder ihnen bei der gemeinsamen Lösungsfindung zu helfen. Das geschieht durch eine versierte Prozesssteuerung, durch familienunternehmensspezifisches Know-how und Absicherung der Ergebnisse bis ins letzte Umsetzungsdetail. Dabei bleibt die letztendliche Entscheidungskompetenz bei der Unternehmerfamilie, was dazu führt, dass jeder das Ergebnis auch wirklich umsetzt, weil er sich selbst dafür entschieden hat.


Anlässe, einen Family Governance-Berater anzurufen

Vor dem Hintergrund langjähriger Erfahrung kann es bei folgenden, typischen Anlässen sinnvoll sein, einen Unternehmerberater oder Family Governance-Berater zu engagieren.


1. Die Nachfolge gerät ins Stocken: Meinungsverschiedenheiten, fehlende Rückendeckung des Nachfolgers durch den Vorgänger, nur spärliche Kommunikation oder ausbleibende Erfolge des Juniors können Symptome sein eines ins Stocken geratenen Übergabeprozesses. Dann können Führungscoaching für den Nachfolger, Gesprächsmoderation zwischen Übergeber und Übernehmer oder die Erarbeitung eines gemeinsamen Verständnisses über die Nachfolgestrategie hilfreich sein.


2. Konflikte zwischen Geschwistern, Cousins und Cousinen: Das Konfliktpotenzial in Unternehmerfamilien ist hoch. Im Bemühen, Konfrontationen zu entgehen, vermeiden Familienmitglieder manchmal sensible oder emotional aufgeladene Themen. Natürliche Unterschiede in Zielen und Werten können zu fortwährenden Reibungen und eskalierenden Konflikten führen. Das mögliche Ergebnis: verpasste Geschäftschancen, geschädigte Beziehungen zwischen Familienmitgliedern. Dann hilft im ersten Schritt ein strukturierter Moderations- oder Mediationsprozess, um gegenseitiges Verständnis herzustellen und die Offenheit für eine gemeinsame Lösungsfindung zu erreichen. Im Anschluss erarbeiten die Geschwister, Cousins und Cousinen meist eine Familienverfassung.


3. Regelung der Nachfolge vom Gründer auf seine Kinder, die alle schon in den 40ern sind: Der Vater hat den Willen, das Unternehmen an seine Kinder, die schon Anfang bis Ende 40 sind, zu übergeben. Doch fehlt ihm noch ein schlüssiges Konzept, sei es aufgrund von Konflikten zwischen ihm und seinen Kindern oder aufgrund von Gerechtigkeitsüberlegungen, die allerdings nicht ganz umsetzbar scheinen. Hier kann ein Nachfolgestrategieprozess helfen, in dem Nachfolgeziel, Nachfolgemodell und Nachfolgedetails festgelegt und die Ebenen Unternehmen, Inhaberschaft, Familie und Person in Einklang gebracht werden.


4. Zunehmende Anzahl an Gesellschaftern: Von der ersten auf die zweite auf die dritte, vierte, fünfte Generation nehmen mit der steigenden Anzahl an Gesellschaftern die Interessen, Ziele und Lebensstile zu. Der eine denkt dann mehr an Ausschüttung, die andere möchte ihre Kinder im Unternehmen platzieren, ein anderer sieht sich zu wenig eingebunden bei Entscheidungen. Eine Familienverfassung kann erarbeitet werden im Sinne einer Strategie für die Gesellschafter. Dadurch entstehen Einigkeit über die Werte und Ziele für Unternehmen und Familie, eine gemeinsame Vision, die passenden Strukturen für Familie und Unternehmen in Bezug auf Gesellschafter, Beirat und Geschäftsführung, sowie Maßnahmen wie Familienwochenenden, Fortbildungsveranstaltungen und vielleicht einen Next Generation Venture Fund, die Bindung und Zusammenhalt fördern.


5. Geschäftsübergabe eines erfolgreichen Geschwistertandem an die Vetterngeneration: Hier stellen sich die Fragen, welches der eigenen Kinder jeweils den Vätern in die Geschäftsführung folgt und welche Rolle die beiden Übergeber dann übernehmen wollen. Dann können Nachfolgerichtlinien, ein Anforderungsprofil für die Geschäftsführung, ein Development Center, durch das die Kompetenzen der möglichen Nachfolger festgestellt werden und ein Beirat als zukünftige Wirkungsstätte für die beiden Übergeber implementiert werden. Das können Bausteine eines fokussierten Nachfolgestrategieprozesses sein. Wenn mehrere Geschwister die Nachfolge an ihre Kinder regeln wollen, dann hilft mehr die Erarbeitung einer Familienverfassung.


6. Verkauf des Unternehmens und Gründung eines Family Offices: Besteht der Gedanke, das Familienunternehmen zu verkaufen, stellt sich die Frage der Motive und der unternehmerischen, strategischen und emotionalen Konsequenzen daraus. Erzwingt ein unauflösbarer Konflikt den Verkauf? Ist der Markt gerade richtig, um zu verkaufen? Gibt es ein Familienerbe, das nach dem Unternehmensverkauf fortbesteht? Und ist das Unternehmen dann verkauft: Wollen alle vorherigen Gesellschafter auch weiterhin zusammenbleiben und als Inhaberfamilie den Verkaufserlös gemeinsam anlegen? Oder geht jeder seinen eigenen Weg? Durch Coaching kann hier jeder Gesellschafter individuell beim Entscheidungsprozess unterstützt werden. Durch Moderation kann eine gemeinsame Entscheidung getroffen werden. Und besteht dann der Wunsch, weiter als Inhaberfamilie zusammenzubleiben, kann ein Family Office aufgesetzt und eine Strategie für die Inhaberfamilie erarbeitet werden, die auch Family Governance-Maßnahmen enthält zur Sicherung des Familienzusammenhalts. Denn Geld an sich entfaltet nur wenig Bindungswirkung.


7. Mit zwölf Mitgesellschaftern als Geschäftsführender Gesellschafter sicher im Sattel sitzen: Die Chancen, einen Zweifrontenkrieg zu gewinnen, sind gering. Den Kampf um Marktanteile muss ein geschäftsführender Gesellschafter führen. Den Kampf in der Familie sollte er vermeiden. Eine Familie, die zusammenhält und eine starke Bindung zum Unternehmen hat, sollten seine Ziele sein. Das erreicht er durch Information, Kommunikation, Einbindung und ein Family Governance-Konzept. Erarbeitet er zusammen mit seinen Mitgesellschaftern eine Familienverfassung, kann er sich ziemlich sicher sein, dass die Familie hinter ihm steht und ihm Freiraum bei unternehmerischen Entscheidungen gewährt.


8. Differenzen zwischen zwei Familiengeschäftsführern über Vision, Strategie und Umsetzung: Gemeinsam werden die Geschäfte seit Jahren geführt. Doch in letzter Zeit läuft nicht mehr alles so rund. Entscheidungsprozesse ziehen sich hin, Differenzen über das zukünftige Geschäftsmodell des Familienunternehmens bestehen, gemeinsam in den Urlaub gefahren wird schon lange nicht mehr. Dann hilft ein Geschäftsführungscoaching über ein halbes Jahr, um an den Themen gemeinsam zu arbeiten und Strategieeinigkeit zu erzielen. Vielleicht ist es auch sinnvoll, eine Familiencharta zu erarbeiten. Und wenn nur eine Seite den Bedarf sieht, so kann Coaching helfen, seine eigene Position zu klären und persönliches Vorgehen festzulegen.


9. Onboarding eines Fremdgeschäftsführer: Die Familie hat sich dazu entschieden, sich aus der Führung zurückzuziehen. Die Governance wurde im Zuge der Erarbeitung einer Familienverfassung neu aufgestellt – ein kontrollierender Beirat wurde eingeführt und die Mitglieder wurden aus der Familie und von außerhalb rekrutiert. Jetzt kommt der neue Fremdgeschäftsführer an Board. Executive Coaching hilft ihm, sich durch die Familiendynamik gut zu navigieren. Das Trainieren und Entwickeln von familienunternehmensspezifischen Kompetenzen ist entscheidend, damit er auch reüssiert. Da können auch Gesprächsmoderationen zwischen der Gesellschafterfamilie und dem Fremdgeschäftsführer helfen.


10. Übernahme von Führungsverantwortung als Nachfolger: Abhängig von den eigenen Kompetenzen, der Erfahrung und dem erfolgreichen Zeigen von Führungs- und Ergebnisverantwortung kann die Nachfolgerin oder der Nachfolger durch qualifiziertes Nachfolgecoaching bei der Führungsübernahme Unterstützung finden. Wie werden die ersten 100 Tage gestaltet? Wie wird die Nachfolge kommuniziert? Welche Positionen werden wann angestrebt? Wie lange soll das Nachfolgetandem zwischen Übergeber und Nachfolger dauern und wie wird es ausgestaltet? Jedem sein eigenes Büro oder eines gemeinsam? Wie bekommt der Nachfolger die Mannschaft hinter sich? Welche gemeinsamen Rituale werden mit dem Vorgänger gepflegt? Welches Gehalt fordert der Nachfolger ein? Und wie managt man Geschäftsführer von Beteiligungsunternehmen, die deutlich älter sind als der Nachfolger selbst? Mit Coaching finden Nachfolger passende Antworten auf diese und viele weitere Fragen und erhalten Klarheit sowie strategische Orientierung für sich selbst. Dadurch kann die Rolle im Familienunternehmen erfolgreicher wahrgenommen werden.


11. Unerwartete Krise wegen Krankheit, Scheidung oder Tod: Notsituationen in der Familie können das Familienunternehmen gefährden. Dann müssen schnell Entscheidungen getroffen werden. Dabei müssen die Konsequenzen von vielen Seiten betrachtet werden. Dazu ist man, selbst verstrickt in der Emotionalität der Situation, meist nicht mehr voll und ganz in der Lage. Dann kann Sparring und Coaching helfen, um mit Sicherheit sachlich richtige und rational sinnvolle Entscheidungen zu treffen.


12. Austarierte Strukturen für Transparenz und schnelle Entscheidungen: Passende Familien- und Unternehmensstrukturen (Family Business Governance) sind wesentlicher Bestandteil für den Erfolg über Generationen hinweg. Welche Richtlinien bestehen für die Bestellung und Abberufung von Familienmitgliedern in die Geschäftsführung? Wie können Gesellschaftsanteile verkauft werden? Wie wird die Ausschüttung geregelt? Welche Aufgaben übernehmen Gesellschafterversammlung, Beirat, Familienrat, Aufsichtsrat, Familienmanager, Fortbildungskomitee, Familien-Stiftungsvorstand, Geschäftsführung, Family Officer etc.? Und wer aus der Familie übernimmt diese Rollen? Wichtig ist, dass die Komplexität der Governance zur Komplexität in der Familie und im Unternehmen passen. Gibt es zu viele Gremien für eine kleine Familie, dann führt das zu Redundanzen, verlangsamten Entscheidungsprozessen und ggf. Konflikten. Zu wenige führen zu Machtkonzentration und fehlender Einbindung. Hier kann im Sinne einer Governance-Beratung ein richtiges Maß gefunden werden. Dabei hilft auch der Prozess zur Erarbeitung einer Familienverfassung.


Dies sind nur zwölf von vielen weiteren Gründen, weshalb Unternehmer und Familien einen Unternehmerberater oder Family Governance-Berater engagieren. Allen ist der Wunsch gemein, den erfolgreichen Fortbestand des Familienunternehmens bzw. Familienvermögens (Family Office) über Generationen hinweg konsequent zu sichern, die Bindung der Familie an das Unternehmen zu steigern, die Familie zu einen und Individualität und persönliches Glück zu ermöglichen.


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